Die Hilfsbereitschaft
der Thais durfte ich 2004 erfahren, als ich auf
Koh Phangan
am abgelegenen Strand von Thong Nai Pan Noi von einem
Stachelrochen attackiert wurde.
(TNP
ist immer noch einer meiner "Traumstrände",
wenngleich mir das Herz blutet, wenn ich sehe, was die
Hotelgeschwülste seit meinem ersten Besuch in den 80ern angerichtet
haben - keep make it as it was !!!)

Nachdem meine
Lebensgefährtin realisierte hatte, was passiert war, lief sie schnell
zum nahe gelegenen
Strandrestaurant und bat um Hilfe. Die Nachricht verbreitetet sich
wie ein Lauffeuer. Ein medizinkundiger Thai wurde informiert, warf
einen kurzen, kundigen Blick auf die blutende Wunde auf meinem Fuß, in
dem der Doppelstachel noch steckte und die aufgrund des
Giftes sehr schmerzte, und sagte dann mit ernster Stimme nur zwei
Wörter: "Hospital, quick!". Kurz darauf trug mich ein anderer Thai,
der mindestens einen Kopf kleiner (und 20 Kilo leichter) war als ich,
im Laufschritt huckepack eine nicht unbeträchtliche Strecke über Stock
und Stein zur nächsten Schotterpiste, wo schon ein Jeep vom nahe
gelegenen
Panviman-Hotel auf mich wartete. Der Fahrer war über Handy
informiert worden und wusste, was zu tun war. Im Jeep wurde mir dann
das schon bis zum Knie gefühllose Bein abgebunden, damit das
Gift sich nicht so schnell im Körper verteilt. Man wartete dann
auf meine Bitte noch auf meine Lebensgefährtin, die dem Parcour-Ritt
kaum hatte folgen können, und los ging die Fahrt - noch in
Badehose/Bikini und triefend - über die gebirgige und stark bewaldete
Inselmitte in das auf der anderen Inselseite befindliche "Hospital".
Der Fahrer fuhr so schnell, wie es die mit Schlaglöchern übersäte
unbefestigte
Dschungelpiste hergab, und vermied dabei noch äußerst
rücksichtsvoll und geschickt stärkere, für mich sehr schmerzhafte
Erschütterungen (sie können es also doch, wenn sie wollen). Jeder, der
diese Tour einmal gemacht hat, weiß, wovon ich rede. Wir sprachen
während der Fahrt kaum ein Wort, was nicht nur an seinen schlechten
Englischkenntnissen lag - es war einfach alles klar und es galt für
ihn, sich auf den Weg zu konzentrieren.
Nach eine knappen
Stunde erreichten wir das "Hospital", wo schon zwei
Ärztinnen/Schwestern (?) warteten
und mich mithilfe eines bereitstehenden
Rollstuhls sofort in den "OP" (soviel ich erinnere ein etwa 20 qm
großer, spärlich beleuchteter Raum mit zwei Pritschen) brachten.
Die Frage nach bekannten Medikamentenallergien konnte ich noch schnell
verneinen und schon machten sich mehrere Frauen geschäftig über meinen
Fuß her: Desinfizieren, viele Spritzen (Schmerzmittel, Tetanus-Impfung
und was weiß ich alles) und dann vorsichtig aufschneiden. Ich konnte
nicht mit ansehen, was sich da die nächste halbe Stunde abspielte. Zum
einen nicht, da ich viel zu schwach war, um meinen Kopf zu heben. Zum
anderen aber auch nicht, weil ich wusste, wie viele Sehnen und Muskeln
sich im Innenfuß befinden, deren Zusammenspiel für das Laufen
notwendig ist. Der Doppelstachel war sehr tief eingedrungen und besaß
viele Widerhaken, es musste also tief geschnitten und sehr filigran
gearbeitet werden.
Ich hoffte nur, sie
wussten, was sie taten.
Da ich mir aber
bereits auf der Fahrt durch den Dschungel vorgestellt hatte, ich
könnte eventuell mein Bein verlieren, schien mir die jetzige
Befürchtung, ich müsse wohlmöglich lebenslang hinken, ungleich
erträglicher.
Während der gesamten
Operation war unser Fahrer mit im Raum. Er stand zurückhaltend am
Eingang (eine Tür gab es nicht - ich hatte freien Blick auf den
Himmel), als wollte er sicherstellen, dass wir nicht gestört werden.
Dabei suchte er gelegentlich meinen Blickkontakt, was jedoch nicht
sehr tröstlich war, denn er schien mir sogar ängstlicher als ich. Nach
einer guten halben Stunde war es geschafft. Die Wunde wurde zugenäht
und der Fuß verbunden. Man zeigte mir die extrahierten Stachelteile,
erzählte mir etwas über den Eingriff, aber ich wollte nichts sehen und
hören. Ich wollte nur zurück in unsere Hütte, ein Bier trinken und
schlafen, schlafen.
Ich bekam ein Päckchen mit
Schmerzmitteln und eines mit vielen abenteuerlich aussehenden
Antibiotika. Und ich sollte in "den nächsten
Tagen" zur Nachkontrolle und zum Verbandswechsel wiederkommen.
Dann gab es noch einige
Verhaltensanweisungen, von denen ich nur behielt: Antibiotika,
Antibiotika! Und:
Fuß ruhig, sauber- und trocken halten.
"Trocken" – und das bei über 30 Grad an einem absoluten Traumstrand,
in einem Bungalow, 10 Meter vom kristallklaren, warmen, stets
lockenden (und tückenreichen, wie ich erfahren musste) Meer entfernt -
ich würde also für den Rest des Aufenthalts an diesem Ort
Tantalusqualen erleiden. Aber das war das geringste Übel.
Der Fahrer half mir wieder in den Jeep.
Mit dem den Thais eigenen Sinn für's Praktische fragte er, ob wir noch
etwas aus dem nahe gelegenen
7-Eleven (einer fast überall in Thailand zu findenden
Supermarktkette) besorgen wollten, bevor es wieder auf den
Dschungeltreck ging.
Dann fuhr er - immer noch sehr
rücksichtsvoll - in mittlerweile vollständiger Finsternis zurück nach
Thongnaipan und setzte uns schließlich nach Überwindung eines recht
tiefen Baches, der "unseren" Teil der Bucht von der "Strasse"
abtrennte, eine Stunde später
direkt vor unserem Bungalow in
dem sehr zu empfehlenden
Thongtapan-Resort (vier "große"
Bungalows am Strand und einige - einfachere - idyllisch gelegen am
Hang) ab.
Auf die Frage, was
wir ihm schuldig seien, musste er erst mit dem Hotel telefonieren, in
dem man - wie wir jetzt erfuhren - bei der Bereitstellung des Jeeps
davon ausgegangen war, dass ich ein Gast wäre. Der Fahrer erhielt dann
die Anweisung, er solle nur den üblichen "shuttle-" Preis des
täglichen Sammeltaxis berechnen - einfacher Weg! Wahrlich ein
Spottpreis für diese wichtige und exzellente Dienstleistung.
An dieser Stelle noch
einmal meinen herzlichen Dank an den unbekannten Fahren und das
Management des
Panviman-Hotels (das übrigens den schönsten
Swimmingpool hat, den ich kenne).
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Ach ja, dann war da noch die Rechnung des "Hospitals":

Feinsäuberlich war alles notiert und in
Baht
beziffert: Chirurgischer Eingriff, Medikamente, Verbandsmaterial,
Medizinische Hilfsmittel, Hospital-Gebühren.
Als ich die Summe gelesen hatte, stand
ich fast ein weiteres Mal kurz vor der Ohnmacht: Insgesamt wollten sie
doch tatsächlich den unglaublichen Betrag von 660.- Baht !
Das stelle man
sich 'mal vor: 660.- Baht !!!
Was bekommt man dafür
alles in Deutschland ?!
Nun ja, fast - trotz
(extrem teurer) Krankenversicherung - einmal beim Arzt reingucken (10
Euro) und ein Rezept abholen (weitere 5 Euro sind in der Apotheke
fällig).
660.- Baht
entsprechen nämlich umgerechnet ca. 12,45 Euro !!!
;-)
Wer viel reist, weiß,
wie schnell an anderer Stelle eine Notsituation ausgenutzt und zu
barer Münze gemacht wird.
Sawasdee (Foto der "Welcome-Lady
"im Panviman-Reataurant)