
Thepanom
In
Indien
ist für mich unangefochten der (hinduistische)
"König des Tanzes" (siehe
Nataraja) das vollendete, an Tiefe der Symbolik und ästhetischer
Perfektion kaum zu übertreffende Sinnbild für die reichhaltige Kultur,
Religion und Philosophie des Landes.
Im Unterschied zu der genuinen und
ernsthaften (bisweilen auch fanatischen) Religiosität Indiens, muten die
vom
Theravâda-Buddhismus beherrschten
synkretistischen Geistes- und Glaubensrichtungen
Thailands,
mit ihren allenthalben auch
animistischen Aspekten, wesentlich leichter und lichter an.
Unter den dortigen symbolischen
Ausdrucksformen ist es der Tempelwächter in der Gestalt des Thepanom,
der mich am meisten beeindruckt und erfreut...
Übersetzung
aus "The
Iconography of Templeguards" *
"(...)
Der fernöstliche, chinesische und japanische Tempelwächter ist ein
martialischer Krieger; seine Waffen sind Entschlossenheit, Grimm,
und vor allem – kanonisch ikonisiert – das Schwert.
Der Gauner wird durch Furcht und Angst abgehalten, den
Tempelbezirk zu betreten – er könnte seinen Kopf
verlieren.
Der tibetische
Tempelwächter scheint auf den ersten Blick unbewaffnet, aber er ist
ein schrecklicher, grauenerregender Gesell, ein Dämon; seine Waffen sind
darum ebendies: der Schrecken
und das Grauen, das er
im Betrachter unreinen Herzens erzeugt, um ihn damit abzuhalten, das
Sanktum zu entweihen – er könnte seinen Verstand
verlieren.
Der
siamesische Tempelwächter in der Darstellung des Thepanom
hingegen, ob in Gestalt eines Mannes (s. Abb.) oder einer Frau, scheint
überhaupt nichts Abschreckendes an sich zu haben und auch aller Waffen zu
entbehren.
Im Gegenteil gar begrüßt er jeden Ankömmling in schutzloser Haltung mit
fast kindlicher Offenheit.
Kniend, mit über dem Herzen (zum thailändischen
Wai oder indischem
Namaste-Gruß)
gefalteten Händen, erweist er in vollkommener körperlicher und geistiger
Harmonie Ehrerbietung und Achtung - jedem Gegenüber!
Und genau das sind dann auch seine Waffen: Demut und Anmut.
Gebannt durch Einsicht und Scham wird der Bösewicht im Profanum gehalten -
er würde sonst seine Selbstachtung verlieren.
Mehr noch: Er zieht sich beschämt und geläutert zurück … reift … und
bekommt die Möglichkeit, sich zu finden (...)"
My squint eyed templeguard
___________
*
In: Part 9 of "Unwritten
books", by Natadata
(Sometimes
imagination is closer to truth than reality)